Im Rahmen unseres Seminars besuchten wir am 19.10.2020 die Ausstellung „Arbeit ist unsichtbar“ im Musuem für Arbeitswelt in Steyr. Der nachfolgende Essay wurde von Yonca Gärber als Reflexion über den Ausstellungsbesuch verfasst.

Der erste Raum beim Betreten der Ausstellung ist weiß, weiß und hoch. Er ist mit weißen Laken von dem Eingangsbereich abgetrennt und darüber ist ein Glasdach. Lauter weiße Stühle, jeder in eine andere Richtung schauend, sind aufgestellt. Die Atmosphäre, die in diesem Raum entsteht, ist nicht nur unglaublich ruhig und beruhigend, sondern es wird auch eine gewisse Klarheit geschaffen. Dies hat fast eine irritierende Wirkung, da normalerweise der Besuch in einem Museum eher davon geprägt ist, gleich im ersten Raum sehr vielen Reizen ausgesetzt zu sein und gleich in die Thematik zu stürzen. Somit ist ein weißer, leerer Raum – ich würde sogar von einem Freiraum sprechen – eine andere Erfahrung. Nun gibt es noch dazu die Aufforderung sich hinzusetzten, Kopfhörer aufzusetzen und erstmal einfach nur zuzuhören. BesucherInnen werden damit von jeglicher zuvor erlebten Alltagssituation abgeholt und von einer meditativen, männlichen Stimme in das Thema eingeleitet, in eine neue Szene, Kulisse gesetzt. Dieser Einstieg ist wirklich unglaublich fließend und gewinnt soviel Aufmerksamkeit und Fokus am Beginn für die restliche weitere Ausstellung. Besonders anzumerken ist auch, wie das Thema nicht nur als Geschichte beigebracht wird, sondern überdies hinaus „Arbeit“ an sich bis auf den Kern heruntergebrochen wird. Somit öffnet sich der Themenkomplex und diesem wird gedanklich so wie auch visuell und physisch Raum gegeben. Diese Zeit und diesen Raum zu nehmen erscheint mir extrem wertvoll.

Etwas weiter in der Ausstellung ist mir in starker Erinnerung geblieben, wie Garderobekästchen gestaltet wurden mit originalem biographischem Kontext. Es wurde somit die Geschichte einer arbeitenden Person beschrieben. Ebenfalls waren auch Fotos zu sehen und zur Vervollständigung des Bildes hingen sogar Kleidungsstücke beziehungsweise Arbeitsobjekte aus. In diesem Fall wurde die Szenerie noch dazu in einen aktuellen Kontext gesetzt: Die Gewinnung von Rohstoffen für Smartphones. Im Nachhinein kommt mir die Situation fast ein wenig ironisch und skurril vor, dass ich als „weißer, privilegierter“ Mensch mit meinem Smartphone ein Foto von diesem „Ausstellungsstück“ mache, welches mich darüber informiert, wie ein Mensch auf der anderen Seite der Welt für das Smartphone schuftet, das ich nun in meiner Hand halte. Mit diesem stehe ich wieder in einem Museum und fotografiere die eben beschriebene Konstellation, die mir als Bildung verkauft wird. Abgesehen von dieser Ironie möchte ich ausstellungstechnisch mitnehmen, wie viele Perspektiven bei diesem einen Garderobekästchen beleuchtet werden. Einerseits verschafft dies einen sachlichen und andererseits auch spielerischen Zugang. Somit können die Informationen mit allen Sinnen erfasst und besser gespeichert werde. Wichtig ist hierbei auch immer, den geschrieben Text und die relevanten Informationen so kurz, nachvollziehbar und verständlich wie möglich zu machen, um einen leichten Zugang für alle BesucherInnen jeglicher Alters- und Bildungsgruppe zu gewährleisten.
Weitergehend in einem Folgeraum befinden sind nun weitaus mehr Stationen und Informationen im Detail. Hier möchte ich jedoch gar nicht so sehr inhaltlich einhaken, sondern aufzeigen, wie viele Ebenen in diesem Raum geschaffen wurden: Einerseits gab es auf dem Boden eine geographische Markierung, an denen die verschiedenen Arbeitsschritte lokalisiert waren. Somit wurden Zeit und Ort abgedeckt. Überdies gab es am Rand immer wieder Einzelgeschichten, entweder einen Arbeitsprozess, der im Detail beschrieben wurde, oder die Rekonstruktion von einer individuellen Lebensgeschichte.

Insgesamt spannend ist, wie in fast jedem Raum früher und heute verbunden wurde und auch immer wieder zwischen historischen Ausstellungsobjekten aktuelle Debatten und Diskurse angerissen wurden – dadurch wird mit Vergleichen und Kontrasten gespielt. Vor allem im Raum, in dem die Produkte und der Wandel dieser thematisiert waren, gab es an den Wänden Informationsblätter, die man abreißen und mitnehmen konnte. Die Idee dahinter ist unter anderem, diese zu sammeln und mitzunehmen. Spannend finde ich, dass diese aktuellen Debatten, wie eine Spur, die BesucherInnen auch nach der Ausstellung mit nach Hause begleiten.
Um die Ausstellung und diese Reflexionen noch abzurunden, habe ich auch noch mitgenommen, wie man, fast am Schluss des Rundgangs angekommen, nochmals in einen weißen Raum geführt wird, der wieder dazu einlädt, das Gesehene wirken zu lassen. Denn die letzte Station gibt einem einen Zukunfts(aus)blick und lässt somit die chronologische Entwicklung, die man durchläuft, komplett werden.
Text: von Yonca Gärber
Fotos: Cornelia Dlabaja