Der Brunnenmarkt im Wandel

Wir wollen Ihnen eine Geschichte erzählen – die Geschichte des Wiener Brunnenmarkts… 

Audiobeitrag: Der Brunnenmarkt im Wandel, Sprecher: Mark Deimel

Quelle: Sperlings Postkartenverlag (M. M. S.) (Hersteller), Wien XVI. Brunnengasse., um 1900, Sammlung Wien Museum, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/332781/)

Wir beginnen um 1890, denn damals ist der 16. Bezirk aus der Zusammenführung der Vororte Ottakring und Neulerchenfeld entstanden. Um diese Zeit waren die Bewohner*innen dieses Stadtviertels größtenteils Arbeiter*innen. Viele der Bewohner*innen, die in der Zeit der Industrialisierung nach Wien kamen wurden im 16. Bezirk untergebracht. So wurde Ottakring schnell zu einem dicht besiedelten und multikulturellen Bezirk. Der Brunnenmarkt selbst hat eine lange Geschichte: Benannt nach der Brunnengasse, in der er bereits seit 1786 abgehalten wird. Der Markt entstand rund um einen Brunnen, der Wasser aus dem Wienerwald in die Hofburg für die Wasserversorgung leitete. Besagter Brunnen wurde 1880 entfernt, der Markt jedoch blieb dort bestehen. Der Wegfall der sogenannten Verzehrungssteuer außerhalb des Gürtels, hat dazu beigetragen, dass der Markt als guter und billiger Einkaufsort sich etablieren konnte. 

Die Wechselvolle Geschichte des „Brunnenmarktes“ ist eng verknüpft mit der Zeit der Industrialisierung – ihren BewohnerInnen waren meist ArbeiterInnen und HandwerkerInnen. Das Viertel war durch die zahlreichen Wirtshäuser und Gaststätten der damaligen Zeit geprägt, deshalb wurde das Gebiet liebevoll oft als „größtes Wirtshaus des heiligen römischen Reiches“ genannt.

Wir reisen nun in der Zeit weiter und noch vor dem 2. Weltkrieg erstreckte sich der Brunnenmarkt von der Ottakringer Straße bis zur Menzelgasse, nach dem Krieg endete er bei der Thaliastraße. 1973 wurde der Brunnenmarkt auf der anderen Seite verkürzt und endet nun beim Yppenplatz. 

Während damals viele österreichische Bewohner*Innen das Brunnenviertel verließen, zogen gleichzeitig immer mehr Migrant*innen in die oftmals baufälligen Wohnungen. Zusätzlich kam es in den 1980er und 1990er Jahren zu einem Wandel bei den Marktstandinhaber*innen. Die bisherigen meist österreichischen, polnischen und tschechischen Besitzer*innen konnten ihr Unternehmen oft nicht an die nächste Genration in der Familie übergeben, da die Jüngeren kein Interesse an dem beschwerlichen Arbeitsalltag hatten und sich aufgrund der Höherqualifizierung ihrer Generation bessere Berufschancen erhofften. So wurden in vielen Fällen die Marktstände von türkischen und serbischen Betreiber*innen übernommen. Durch eine Abwanderungswelle in den 1990er Jahren standen zudem viele Wohnungen leer und zogen neue Bewohner*innen, vor allem Künstler*innen, Studierende und Personen mit einem türkischen Migrationshintergrund, an. Aber auch durch wichtige Stadterneuerungsprogramme und Infrastrukturprojekte wurde das Viertel ab den 1990er Jahren strukturell entwickelt und wieder für mehr Menschen als Wohnort attraktiv gemacht, sowie die Arbeitsbedingungen am Markt durch verkehrspolitische Maßnahmen wie die Verkehrsberuhigung durch eine Fußgängerzone verbessert. Noch bis 2005 wurden die mobilen Stände nach Marktschluss abgebaut und abtransportiert, aber durch die Generalsanierung können die Stände nun auch über Nacht stehen bleiben.

Diese Stände stehen heute immer noch dort. Sie sind ein Teil der Geschichte des Brunnenmarkts – eine Geschichte der Bewegung und unglaublichen Vielfalt eines Ortes.  


Literaturliste

Dlabaja, Cornelia: Das Wiener Brunnenviertel. Urbane Raumproduktion: eine Analyse des Wandels von Stadträumen. Wien  2016.

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Brunnenmarkt

https://www.wien.gv.at/freizeit/einkaufen/maerkte/lebensmittel/brunnenmarkt.html